Gut verzinste Altverträge: Bausparkassen dürfen kündigen

Die Bausparkassen haben seit Jahren ein Problem: Viele Kunden besparen ihre hoch verzinsten alten Bausparverträge weiter, obwohl sie zuteilungsreif wären. Denn in Zeiten niedriger Zinsen sind die Verträge eine attraktive Geldanlage. Die Bausparkassen belastet das finanziell, so dass sie die Verträge gerne kündigen würden. Aber dürfen sie das so einfach? Darüber hat gestern der Bundesgerichtshof entschieden.

Die Bausparkassen haben seit Jahren ein Problem: Viele Kunden besparen ihre hoch verzinsten alten Bausparverträge weiter, obwohl sie zuteilungsreif wären. Denn in Zeiten niedriger Zinsen sind die Verträge eine attraktive Geldanlage. Die Bausparkassen belastet das finanziell, so dass sie die Verträge gerne kündigen würden. Aber dürfen sie das so einfach? Darüber hat gestern der Bundesgerichtshof entschieden.

Karlsruhe. Baufinanzierer dürfen Bausparverträge kündigen, wenn sie seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif sind, ohne dass der Kunde das Darlehn in Anspruch genommen hätte. Das gilt selbst dann, wenn der Vertrag noch nicht voll bespart ist. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) gestern entschieden (Urteil vom 21.02.2017, Az. XI ZR 185/16 u.a.).

Begründung der Karlsruher Richter: Der Bausparvertrag sei dazu gedacht, das Anrecht auf ein Darlehn zu erwerben. Die Mit dem Erreichen der Zuteilungsreife sei dieser Zweck erreicht. Deswegen dürfen die Bausparkassen einen Bausparvertrag kündigen, wenn er zuteilungsreif ist und das Darlehn nicht in Anspruch genommen wird. Damit stellt das Gericht klar: Ein Bausparvertrag ist dazu gedacht, einen Immobilienerwerb oder eine Renovierung zu ermöglichen und nicht dazu, als reiner Sparvertrag genutzt zu werden.

Bausparvertrag als Geldanlage gehört der Vergangenheit an

Das Urteil fällten die Richter in zwei analog gelagerten Fällen: Die Bausparkasse Wüstenrot hatte 2015 im einen Fall einen zuteilungsreifen Bausparvertrag aus dem Jahr 1978 und im anderen Fall zwei zuteilungsreife Verträge aus dem Jahr 1999 gekündigt. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte geurteilt, das Unternehmen habe kein Recht dazu. Dagegen war der Baufinanzierer vor den BGH gezogen.

Dessen Urteil hat weitreichende Auswirkungen: Nach Schätzungen haben Bausparkassen im Jahr 2015 rund 250.000 Altverträge gekündigt. Viele Kunden zogen dagegen vor Gericht – die Urteile fielen unterschiedlich aus. Mehr als 100 Verfahren zu Bausparangelegenheiten sind aktuell allein beim BGH anhängig.

Was bedeutet das Urteil für die Bausparer?

Wer einen Bausparvertrag hat, der seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif ist, und das Darlehn nicht beanspruchen will, kann jetzt entweder die Kündigung der Bausparkasse akzeptieren und sich sein Guthaben auszahlen lassen. Er muss das Geld dann anderweitig anlegen, was aktuell angesichts niedriger Zinsen nicht einfach ist. Oder aber er wechselt in einen anderen Tarif, wenn die Bausparkasse ein entsprechendes Angebot macht.

Zu Bausparverträgen, die nicht nur zuteilungsreif sind, sondern bereits die geplante Bausparsumme erreicht oder übertroffen haben, gibt es bislang kein höchstrichterliches Urteil. Auch solche Altverträge haben die Baufinanzierer in den letzten Jahren reihenweise gekündigt. Das vorliegende Urteil schafft auch für diese Fälle Klarheit, zumindest sofern die Zuteilungsreife seit mehr als 10 Jahren besteht.

Den Bausparkassen hilft der Richterspruch aus einer schwierigen Lage. Da die hohen Zinsen der alten Verträge in der aktuellen Niedrigzinsphase so attraktiv sind, werden die Verträge von vielen Kunden gehalten, ohne Darlehn in Anspruch zu nehmen. Günstige Kredite bekommen Kunden aktuell auch bei anderen Banken. So müssen die Baufinanzierer viel mehr Kunden Sparzinsen zahlen, als es Kunden gibt, die Darlehn in Anspruch nehmen und den Banken Zinsen zahlen würden. Das bringt das Geschäftsmodell der Baufinanzierer ins Wanken. Durch die Kündigung von Altverträgen können sie das Problem nun korrigieren und damit das Prinzip des Bausparens für all diejenigen, die wirklich bauen oder renovieren möchten, erhalten.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von <link http: www.hausundgrund-rheinland.de _blank external-link-new-window internal link in current>Haus & Grund Rheinland verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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