Eine Baufinanzierung auf die Beine gestellt zu bekommen, das ist heutzutage für viele Menschen, die ins Wohneigentum ziehen wollen, eine große Herausforderung. Gerade die im letzten Jahr deutlich gestiegenen Zinsen machen vielen Menschen bewusst, welches Risiko eine Anschlussfinanzierung bedeuten kann. Es geht allerdings auch ohne. Welche Vor- und Nachteile hat das Modell?
Berlin. Die Finanzierung von Immobilien birgt für viele Käufer Herausforderungen – bei der Erstfinanzierung, aber oftmals auch bei Anschlussfinanzierungen. Einen Ausweg können Volltilgerdarlehen bieten. Anders als bei einem klassischen Annuitätendarlehen, bei denen am Ende der Laufzeit eine Restschuld besteht, sieht das Volltilgerdarlehen eine komplette Tilgung des aufgenommenen Kredits innerhalb der festgelegten Laufzeit vor. Der Kreditnehmer weiß zudem von Anfang an, wann die Rückzahlung abgeschlossen sein wird.
Lange Laufzeit, konstante Raten: Nicht immer, aber sehr häufig haben Volltilgerdarlehen längere Laufzeiten als Annuitätendarlehen: Oft liegt die Zinsbindung zwischen 15 und 30 Jahren. Während der gesamten Laufzeit bleibt die Kreditrate konstant und setzt sich aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen. Sondertilgungen oder Tilgungspausen sind nicht vorgesehen.
Auch bei der Berechnung der monatlichen Rate gibt es Unterschiede: Während man bei einem Annuitätendarlehen zuerst mit der Bank die monatliche Tilgung vereinbart und daraus abhängig von Zinssatz und Kreditsumme die monatliche Rate berechnet wird, richtet sich diese beim Volltilgerdarlehen nach der Laufzeit und der Darlehenssumme. Das heißt, die gewünschte Laufzeit wird vereinbart, und aus dem Zinssatz und der Darlehenssumme ergibt sich die monatliche Rate.
Ratsam vor allem bei niedrigen Zinsen
Wer eine langfristige Finanzierung plant und klare Vorstellungen darüber haben will, wann die Schulden abgetragen sind, genießt mit dem Volltilgerdarlehen eine hohe Planungssicherheit. Insbesondere in Zeiten niedriger Zinsen kann ein Volltilgerdarlehen attraktiv sein, da man sich über die gesamte Laufzeit hinweg feste Zinsen sichert und so vor unerwarteten Zinserhöhungen geschützt ist.
Doch auch bei einem relativ hohen Zinsniveau bietet diese Art der Finanzierung Vorteile, etwa durch einen Zinsrabatt: In der Regel gewährt der Kreditgeber bei der Aufnahme eines Volltilgerdarlehens einen Abschlag von 0,2 bis 0,4 Prozent auf den Zinssatz des Kredits. Da der Tilgungssatz in der Regel höher ist als bei einem Annuitätendarlehen, führt dies zudem zu einer schnelleren Abzahlung des Kredits und damit insgesamt zu geringeren Zinskosten. Weil keine Anschlussfinanzierung notwendig ist, entfällt zudem der nicht unerhebliche Aufwand einer erneuten Anbietersuche sowie weiterer Verhandlungen.
Volltilgerdarlehen gut planen
Allerdings: Die mit dem Volltilgerdarlehen oft verbundenen höheren Raten können unter Umständen zur Belastung werden, vor allem für weniger finanzstarke Kreditnehmer. Bevor man sich für ein Volltilgerdarlehen entscheidet, sollte man also die gewählte Laufzeit und die Tilgungshöhe eingehend prüfen, damit diese den eigenen finanziellen Möglichkeiten entsprechen. Eine zu hohe Tilgungsrate kann zu finanziellen Engpässen führen und sogar hohe Entschädigungen nach sich ziehen, sollten die Raten vorübergehend mal nicht gezahlt werden können.
Auch wenn die Planungssicherheit sehr verlockend ist, sollte man dennoch versuchen, mit der Bank Rückzahlungsoptionen zu verhandeln, die sich gegebenenfalls flexibel anpassen lassen, etwa für den Fall, dass sich die eigene finanzielle Situation ändert. Möglich ist zum Beispiel auch ein Kredit-Splitting. Dabei wird der Gesamtbetrag in mehrere kleinere Volltilgerdarlehen aufgeteilt, die etwa fünf bis zehn Jahre laufen. Ein größerer Teil bleibt dann als langfristiges Darlehen mit beispielsweise 20-jähriger Laufzeit und einer niedrigeren Tilgung bestehen. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass bereits nach den ersten zehn Jahren ein beachtlicher Teil des Darlehens zurückgezahlt ist.
Professionelle Beratung nutzen
In den verbleibenden Finanzierungsjahren sind die Raten geringer, da nur noch ein Darlehen in niedriger Höhe besteht. Banken bieten oft zusätzlich günstigere Zinssätze für das Splitting an. Wichtig zu wissen ist zudem, dass auch bei einem Volltilgerdarlehen das gesetzlich verankerte Recht (§ 489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auf Umschuldung der Baufinanzierung ohne Vorfälligkeitsentschädigung gilt. Auch lohnt sich wie bei jedem Finanzierungsvorhaben ein Vergleich der Zinsen und Konditionen verschiedener Anbieter. Mit einer sorgfältigen Planung und professioneller Beratung können die Vorteile dieser Finanzierungslösung optimal genutzt und die eigenen finanziellen Ziele erreicht werden.
Beispielrechnung
Volltilgerdarlehen haben oft eine höhere Tilgungsrate als klassische Annuitätendarlehen. Die monatliche Belastung für den Kreditnehmer ist also höher. Bei einer aufgenommenen Kreditsumme von 250.000 Euro und einem Zinssatz von 4 Prozent, liegt die monatliche Rate bei einer Laufzeit von 10 Jahren bei 2.531,13 Euro (Zinskosten insgesamt: 53.735,41 Euro).
Bei 15 Jahren Laufzeit landet man bei 1.849,22 Euro (Zinskosten insgesamt: 82.859,57 Euro). Auf 20 Jahren finanziert ergeben sich 1.514,95 Euro Monatsrate (Zinskosten insgesamt: 113.588,20). Um so kürzer ein Volltilgerdarlehen läuft, desto niedriger sind die Zinskosten. Die monatliche Mehrbelastung ist dafür jedoch hoch und sollte wohl überlegt sein.
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