Wenn ein Vermieter weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt, unterstellt ihm das Finanzamt Liebhaberei: Das Fehlen der Absicht, durch die Vermietung einen Gewinn zu erzielen. Vermieter können dann ihre Werbungskosten nicht mehr voll von der Steuer absetzen. Kann Liebhaberei auch schon allein deswegen unterstellt werden, weil das Objekt sehr groß ist?
München. Bei der Vermietung einer mehr als 250 Quadratmeter großen Wohnimmobilie kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass mit der Vermietung Einkünfte erzielt werden sollen. Diese Einkünfteerzielungsabsicht muss vielmehr mit einer Totalüberschussprognose nachgewiesen werden. Gelingt das nicht, handelt es sich um Liebhaberei. Ein Werbungskostenüberschuss aus der Vermietung kann dann nicht mehr voll als steuermindernd anerkannt werden.
Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, wie jetzt bekannt wurde (Urteil vom 20.06.2023, Az.: IX R 17/21). Geklagt hatte ein Ehepaar aus Baden-Württemberg. Das Paar hatte – komplett fremdfinanziert – drei Villen gekauft, die jeweils zwischen 290 und 331 Quadratmeter Wohnfläche bieten. Die luxuriösen Einfamilienhäuser vermieteten sie an je eines ihrer drei volljährigen Kinder und deren Ehepartner.
Villen an Kinder vermietet – Finanzamt unterstellt Liebhaberei
Die Kinder zahlten für die Häuser zuletzt zwischen 2.580 und 3.010 Euro Kaltmiete im Monat, also rund 7,80 Euro bis 9,35 Euro pro Quadratmeter. Das Ehepaar rechnete aus, dass ihm durch diese Vermietungsaktivitäten in den fraglichen Jahren Werbungskostenüberschüsse in Höhe von 172.000 bis 216.000 Euro entstanden. Die Werbungskosten überstiegen also die Einnahmen aus der Vermietung ganz erheblich. Diese Verluste wollte das Paar als steuermindernd geltend machen. Doch das Finanzamt mochte das nicht anerkennen.
Die Behörde unterstellte dem Ehepaar Liebhaberei, also das Fehlen einer ernsthaften Absicht, durch die Vermietung überhaupt Geld zu verdienen. Die Eigentümer zogen nach erfolglosem Einspruch gegen das Finanzamt vor Gericht. Nachdem die Klage erfolglos blieb, gingen sie vor dem Bundesfinanzhof (BFH) in die Revision. Die obersten Finanzrichter der Republik hoben das Urteil des Finanzgerichts zwar auf und verwiesen den Fall dorthin zurück. Allerdings nur, weil sie eine genauere Prüfung der konkreten Sachlage anmahnten.
Marktmiete auf Luxusobjekte nicht anwendbar
Die Richter stellten klar, dass die Absicht, Einkünfte mit der Vermietung zu erzielen, hier zu Recht hinterfragt wurde. Denn: Bei einer besonders aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnimmobilie spiegeln die Marktpreise den Wohnwert nicht angemessen wieder. Von so einer Luxusimmobilie ist beispielsweise dann auszugehen, wenn die Wohnfläche wie im vorliegenden Fall mehr als 250 Quadratmeter beträgt, entschied der BFH.
Auf solche außergewöhnlichen Fälle kann nach Ansicht der Richter der Mietspiegel nicht angewendet werden, da er wegen zu geringer Fallzahlen keine verlässliche Marktmiete für solche Villen angeben kann. Die Angaben des Mietspiegels ließen sich in solchen Sonderfällen auch nicht einfach hochrechnen. Mithin handelt es sich bei Zahlung einer nach Mietspiegel errechneten, „marktüblichen“ Miete für solch ein Objekt nicht um eine angemessene Gegenleistung für den besonderen Gebrauchswert des Objekts.
Totalüberschussprognose erforderlich
Aufgrund der mit ihnen verbundenen Kosten ließen sich Luxusimmobilien auch oft gar nicht kostendeckend vermieten, stellten die Richter fest. Wer keine angemessene Gegenleistung verlangt, setzt sich aber automatisch dem Verdacht aus, mit der Vermietung gar keine Einkünfte erzielen zu wollen. Um dem entgegenzutreten, müssten die Vermieter nachweisen, dass sie mit der Vermietung einen finanziellen Überschuss erwirtschaften wollten. Dazu ist eine sogenannte Totalüberschussprognose zu erstellen.
Erst auf deren Grundlage kann das Finanzgericht abschließend klären, ob dem Ehepaar in diesem Fall tatsächlich Liebhaberei zu unterstellen ist oder nicht. In der Berechnung muss der richtige Betrachtungszeitraum gewählt werden und auch etwaige Abschreibungen müssen mit eingerechnet werden, gaben die Bundesrichter den Beteiligten für das weitere Vorgehen mit auf den Weg. Das Urteil zeigt: Wer besonders große Immobilien vermieten möchte, sollte sich bewusst sein, dass ihn beim Finanzamt erhebliche Schwierigkeiten erwarten.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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