Selbst Mieter, die den Hausfrieden stören, sind mitunter gar nicht so leicht loszuwerden – selbst, wenn eine fristlose Kündigung ausgesprochen wird. Die Mieter können dagegen durch mindestens zwei Instanzen klagen und selbst bei rechtskräftiger Verurteilung noch die Räumungsfrist verlängern lassen. Doch das hat Grenzen, wie jetzt ein Urteil aus München deutlich macht.
München. Wenn Mieter zur Räumung der Wohnung verurteilt wurden, können sie unter gewissen Umständen eine Verlängerung der Räumungsfrist beantragen. Das setzt aber voraus, dass die Mieter sich intensiv, aber erfolglos um eine Ersatzwohnung bemüht haben. Das bedeutet auch: Die Suche muss spätestens dann begonnen haben, als die erste Instanz angedeutet hatte, das die Räumungsklage Erfolg haben dürfte – oder, falls es keine solche Ankündigung gab – nachdem die erste Instanz die Mieter zur Räumung verurteilt hat.
So hat es jedenfalls das Landgericht München I entschieden (Beschluss vom 08.02.2023, Az.: 14 T 1361/23). Dabei ging es um den Fall einer sechsköpfigen Familie aus München: Der Vermieter hatte ihnen im Jahr 2020 wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Die Familie wollte nicht ausziehen, so dass der Fall vor Gericht landete. Doch das Amtsgericht hielt die Kündigung für berechtigt und verurteilte die Mieter im Dezember 2021 zur Räumung mit einer Frist von zwei Monaten.
Fristlos gekündigt: Mieter wehrten sich drei Jahre lang
Die Familie ging in Berufung, konnte aber in der Sache nichts erreichen: Auch das Landgericht bestätigte im August 2022 die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Es verlängerte die Räumungsfrist für die Mieter jedoch bis Ende Januar 2023. Auf dieses Urteil hin begann die Familie mit der Wohnungssuche. Das Gericht bekam den Fall dann später erneut auf den Tisch, weil die Familie Mitte Januar 2023 eine Verlängerung der Räumungsfrist um weitere sechs Monate beantragte. Die bisherige Frist hätte nicht ausgereicht, um eine Ersatzwohnung zu finden.
Die Mieter trugen dem Amtsgericht vor, sie hätten sich in den letzten 5 Monaten auf 10 Wohnungen vergeblich beworben. Die Wohnungssituation in München sei „statistisch aussichtslos“, zumal im Niedrigpreissektor. Es gebe „fast keine“ Wohnungen. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab. Die Mieter hätten spätestens nach dem ersten, amtsgerichtlichen Urteil mit der Wohnungssuche begonnen haben müssen und insofern dann auch mehr Zeit gehabt. Bei zwei Bewerbungen pro Monat sei auch keine intensive Wohnungssuche zu erkennen.
Wohnungssuche zu spät und nicht intensiv genug
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zogen die Mieter wiederum vor das Landgericht, doch das gab der Vorinstanz Recht: Die Wohnungssuche mit zwei Bewerbungen pro Monat sei nicht als intensiv einzustufen. Vor allem aber hätten die Mieter schon viel früher auf die Suche gehen müssen: Die Plicht dazu beginne nicht zwangsläufig erst in dem Moment, in dem das Urteil im Räumungsverfahren rechtskräftig wird – was in diesem Fall durch die Zurückweisung der Berufung durch das Landgericht geschehen war.
Vielmehr spielen nach Auffassung des Landgerichts die Umstände des Einzelfalls eine Rolle. Bei klarer Sach- und Rechtslage, wie etwa im Fall von Zahlungsverzug, müssten die Mieter sofort nach Erhalt der Kündigung mit der intensiven Wohnungssuche beginnen. In einem weniger eindeutigen Fall wie dem hier vorliegenden wäre die Zustellung des Räumungsurteils der ersten Instanz der Startschuss für die Wohnungssuche – unter Umständen aber auch schon eine vorherige Andeutung des Gerichts, dass das Urteil wahrscheinlich so ausfällt.
Sprich: Sobald für die gekündigten Mieter deutlich wird, dass ihr gerichtliches Vorgehen gegen die Kündigung keine Aussicht auf Erfolg hat, müssen sie auch mit einer intensiven Suche nach einer Ersatzwohnung beginnen. Andernfalls haben sie auch keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Räumungsfrist. Das Urteil zeigt: Auch in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt können Mieter ihre Räumung nicht so leicht hinauszögern. Zugleich macht der Fall deutlich, wie langwierig es für Vermieter sein kann, Mieter selbst bei fristloser Kündigung los zu werden: In diesem Fall drei Jahre und 4 Gerichtsentscheide.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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